Heute Abend gab es die angekündigte große Neuigkeit von Facebook, die die Art der Kommunikation zwischen Personen revolutionieren soll. Inzwischen nutzen bereits 350 Millionen Benutzer die Nachrichten-Funktionen von Facebook, und mehr als 4 Milliarden Nachrichten werden täglich zwischen „Freunden“ auf Facebook ausgetauscht. Mark Zuckerberg stellte Facebooks Sicht von einem „modernen“ Messaging-System vor, mit folgenden Merkmalen:

  • Ein integriertes System  – umfasst nicht nur E-Mail, sondern auch  SMS oder Chat. Email ist eine Art der Kommunikation, aber eben nur eine unter allen anderen Arten der Kommunikation. (Telefonie/Voice over IP soll aber auf absehbare Zeit nicht integriert werden)
  • Informell – mehr eine Unterhaltung als ein offizieller Briefverkehr.
  • Unmittelbar – sofortige Benachrichtigung und direkte Kommunkation
  • Personenbezogen/persönlich – die Person steht im Vordergrund, nicht die einzelne Nachricht
  • Einfach zu bedienen
  • Kompakt – Weniger Funktionen als Email heute
  • Kurze Nachrichten

Beziehungsspeicher

Ein Highlight ist sicher die vollständige Historie der Unterhaltung, der gesamte erfolgte Nachrichtenaustausch bleibt erhalten, quasi als „Beziehungshistorie“ oder die moderne Form des Schuhkartons, in dem alte Briefe aufbewahrt werden. Der Fokus liegt hierbei auf der Kommunikation zwischen 2 Personen oder innerhalb einer bestimmten Gruppe.

Wer sich seinen klassischen E-Mail-Posteingang ansieht, sieht eine Flut von Nachrichten, mal wichtig, mal unwichtig, mal mit Anhang, mal ohne. Die Einheit des Informationsaustausches ist die Nachricht. Mit dem Messaging-System von Facebook ändert sich diese Einheit in Person. Immer geht es um die gesamte Kommunikation, egal auf welchem Weg, zwischen Personen.  Hier fungiert im so genannten „sozialen Posteingang“ (Social Inbox) das persönliche soziale Netzwerk des Benutzers als sinnvoller automatischer Filter. Im „sozialen Posteingang“ – den man vielleicht mit „universeller personenbezogener Kommunikationsaustausch-Speicher“ umschreiben könnte, landen als Voreinstellung nur Nachrichten von Freunden und deren Freunden. Ob dies dann auch „soziale Spam-Nachrichten“ nach sich zieht, bleibt abzuwarten. Alle übrigen Nachrichten werden in einem Ordner „Messages“ abgelegt und können dort von Zeit zu Zeit angesehen werden.

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Jeder kann in Zukunft – optional – auch eine E-Mail-Adresse bei Facebook erhalten unter name@facebook.com. Die Mitarbeiter von Facebook geben ihre bisherigen Mailadressen ab und erhalten dafür mitarbeiter@fb.com.Der Rollout erfolgt stufenweise über Einladungen in den nächsten Monaten.

Microsoft Office Web Apps

Teil der neuen Messaging-Plattform werden auch die Microsoft Office Web Apps sein, ein weiterer Vorteil für Microsoft im Rahmen seiner Cloud-Strategie, insbesondere auch im Hinblick auf Office 365, dem neuen Cloud-Angebot von Microsoft.

Eine erste Analyse

Verlockender Gedanke, seine gesamte persönliche Kommunikation über Facebook abzuwickeln. Und durch die Integration von „klassischen“ Email-Empfängern müssen andere Kontakte auch nicht sofort Facebook-Mitglied sein, eine entscheidende Hürde des bisher geschlossenen Messaging-Systems, deren Überwindung zum Erfolg von Facebook beitragen dürfte.

Die Kommunikation kennt kein „Vergessen“. Es mag vorteilhaft sein, eine komplette Historie des Austausches mit einer Person nachvollziehen zu können, aber es gibt keinen Mechanismus, einmal Gesagtes/Geschriebenes automatisch zu vernichten. Bei einem normalen Chat ist mit dem Ende der Unterhaltung auch der Inhalt der Unterhaltung abgeschlossen, was zu einem offenen Austausch beiträgt. Zwar ist es auch bei E-Mail grundsätzlich möglich, den Austausch viele Jahre nachzuvollziehen, wenn man Emails bewusst aufhebt, aber bei Facebook wird es deutlich einfacher, Äußerungen einer Person hervorzukramen. Man denke nur an im Eifer des Gefechts ausgetauschte Beleidigungen oder Anschuldigungen, die dann ggf. sogar später noch rechtlich verwertet werden könnten.

Ein bisschen erinnert das Facebook-Messaging an Google Wave – das sich bisher in keiner Weise durchsetzen konnte. Bei Facebook könnte es aber klappen – immerhin ist dort die kritische Masse an nötigen elektronisch vernetzten Personen schon vor dem Start erreicht.

Facebook auch für unternehmensinterne Kommunikation geeignet?

Eignet sich Facebook auch für die unternehmensinterne Kommunikation? Durch das bereits jetzt mögliche Einrichten geschützter Gruppen grundsätzlich schon. Bevor aber vertrauliche Unternehmenskommunikation in die „Facebook-Cloud“ verlagert wird, müssen bei Facebook sicherlich noch eine Menge Hausaufgaben hinsichtlich Datenschutz gemacht werden. Wer möchte schon auf der rechten Seite seines Facebook-Posteingangs Werbung vom Mitbewerber lesen, wenn er gerade über ein Produkt diskutiert.

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Die Entwicklung bleibt spannend. Aber der Erfolg wird mit dem Schutz der Privatsphäre und der ausgetauschten Daten stehen und fallen, eine Domäne, in der Facebook bisher nicht allzu positiv von sich Reden gemacht hat.